Der Ölpreis steigt? Das interessiert die Heubacher herzlich wenig. Gut 90 Prozent der Haushalte in dem Kalbacher Ortsteil sind an das dorfeigene Nahwärmenetz angeschlossen und damit unabhängig.
PREIS ZEHN JAHRE LANG STABIL
2008 - da wusste noch niemand etwas vom Ukraine-Krieg und von der Energiekrise, in die wir hineingeraten sind. Doch in Heubach wehte vor 15 Jahren der Pioniergeist. Eine Gruppe um Herbert Krack (52), der dem Vorstand der Bioenergiedorf-Genossenschaft in Heubach angehört, plante damals das Riesenprojekt: Der Ort sollte eine eigene "Dorfheizung" bekommen.
Für 2,3 Millionen Euro wurde in den Jahren danach eine Holzhackschnitzelanlage gebaut. Fünf Kilometer Leitungen wurden im Ort verlegt - sogar an Leerrohre für Glasfaser wurde damals gedacht, wodurch der aktuelle Breitbandausbau im Landkreis in Heubach besonders zügig vorangehen kann. Die neugegründete Genossenschaft arbeitete ehrenamtlich und mit riesigem Engagement: "Ich habe 1.000 Arbeitsstunden für dieses Generationenprojekt aufgebracht", blickt Herbert Krack zurück.
Noch heute fordern Instandsetzung, Modernisierungen und die Beantragung von Förderungen einen Großteil seiner Freizeit. Die Heubacher Pioniere wollten mit dem Projekt einen Weg finden, um aus der Abhängigkeit vom Öl herauszukommen und so den eigenen Geldbeutel und die Umwelt zu schonen. Mit dieser Idee waren sie ihrer Zeit weit voraus - und dabei hatten sie nicht einmal Rückhalt in der Dorfgemeinschaft.
Breite Skepsis schlug ihnen entgegen, berichtet Krack. "Unsere Ölheizung ist noch nicht alt und funktioniert gut. Warum sollen wir umsteigen?", hätten ihn viele gefragt. "Damals wusste keiner, ob unsere Idee funktioniert", sagt Krack. Doch schließlich haben sich 60 Heubacher Energiegenossen gefunden und in die "Dorfheizung" investiert. Unterstützung und Lobeshymnen gab es außerdem von Vertretern von Land und EU, die Fördergelder in den Kalbacher Ortsteil brachten. Nun, nach gut zehn Jahren, kann Herbert Krack in bescheidener Manier, aber mit Stolz sagen, dass mittlerweile gut 90 Prozent des 700-Einwohner-Ortes an die Dorfheizung" angeschlossen sind - was 103 Haushalten entspricht.
Vorstandsmitglied der Bioenergiedorf-Genossenschaft Heubach
"Die Nachfrage ist aktuell durch die Krise stark gestiegen", sagt er. Weil außerdem "grüner" Strom als "Abfallprodukt" in der Holzvergasungsanlage entsteht, bleibt nicht nur die Wärme, sondern auch der Strom im Ort - zumindest bei allen Rhön Energie-Kunden, was laut Krack fast 100 Prozent entspricht. Der aktuell größte Stolz der Energiegenossen ist die neue Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Heizhauses. "Damit trägt sich der Betrieb zu 60 Prozent selbst. Wenn Batteriespeicher preislich attraktiver sind, werden wir solche anschaffen, um die Anlage auch nachts durch die gespeicherte Sonnenenergie zu betreiben", erklärt der Heubacher. "Dann wären wir zu 80 Prozent autark."
Und wie steht es um den Preis? "Der war zehn Jahre lang stabil", sagt Krack. Nun war eine Erhöhung von 5,1 auf 6,1 Cent pro Kilowattstunde Wärme fällig, was der gestiegenen Spritpreise geschuldet war. Denn die Hackschnitzel werden von Fahrzeugen zugeliefert, die betankt werden müssen, erläutert der Energiegenosse. "Aber diese Erhöhung ist im Gegensatz zu den gestiegenen Öl- und Gaspreisen nahezu lächerlich." Krack bringt die Vorteile der "Dorfheizung" auf den Punkt: "Wenn die Energiepreise steigen, können wir uns in Heubach entspannt zurücklehnen."
Text: Jessica Baier