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Ein Leben fernab der Großstadt

Aktuelle Untersuchung zeigt: Viele Familien und Berufseinsteiger ziehen aufs Land / Fachkräfte sind begehrt

Erstellt: Freitag, 06.01.2023
Ein Leben fernab der Großstadt

Auch der Wartenberger Ortsteil Angersbach profitiert vom Trend zur Landlust - am Ortsausgang in Richtung Lauterbach entsteht gerade ein neuer Eigenheimstandort. Foto: Mirko Luis

Immer mehr Menschen ziehen aufs Land. Im vergangenen Jahrzehnt hat sich das Wanderungsgeschehen in Deutschland damit gewandelt. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung des ,,Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung" und der Wüstenrot Stiftung.

,,Die vielzitierte neue Landlust spiegelt sich im Umzugsverhalten wider. Unsere Analyse der Wanderungsstatistik zeigt auf, dass inzwischen tatsächlich mehr Menschen ihren Wunsch umsetzen und sich für ein Leben auf dem Land entscheiden als noch vor einem Jahrzehnt", sagt Frederick Sixtus vom Berlin-Institut.

Die Analyse vergleicht die durchschnittlichen jährlichen Gesamtwanderungssalden pro tausend Einwohner der Jahre 2008 bis 2010 mit jenen der Jahre 2018 bis 2020. Im aktuellen Zeitraum erzielten deutschlandweit rund zwei von drei Landgemeinden Wanderungsgewinne - ein Jahrzehnt zuvor galt dies nur für rund jede vierte Landgemeinde.

Diese wiesen von 2018 bis 2020 im Schnitt Wanderungsgewinne von 4,2 Personen je tausend Einwohner auf. Vor einem Jahrzehnt verloren sie jedes Jahr fast genauso viele Menschen durch Umzüge. Eine ähnliche Entwicklung erlebten die Kleinstädte. Auch sie profitieren von der neuen Landlust und können sich mittlerweile unterm Strich über einen Zuzug von fünf je tausend Einwohner freuen.

,,Die neue Landlust begann nicht erst mit der Corona-Pandemie. Die Entwicklung deutet sich schon länger an und hat seit 2017 Fahrt aufgenommen. Corona hat diesen Trend noch einmal verstärkt", erläutert Catherina Hinz, Direktorin des Berlin-Instituts. Das Leben in der Stadt wurde in jüngerer Vergangenheit zunehmend teurer. Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt und ermöglicht immer mehr Arbeitnehmern, im Homeoffice zu arbeiten. Wenn die tägliche Fahrt zur Arbeit entfällt, wird für mehr Menschen ein Leben fernab der Großstädte denkbar. ,,Und die Erfahrung der Corona-Lockdowns führte schließlich dazu, dass bei weiteren Menschen in der Großstadt der Wunsch nach mehr Freiraum und Nähe zur Natur reifte", so Hinz.

Vor allem Menschen, die in den Beruf starten oder eine Familie gründen, sorgen für die Belebung ländlicher Regionen. Anders als vor einem Jahrzehnt verzeichnen heute dünn besiedelte, ländliche Kreise Wanderungsgewinne in den Altersgruppen der 30-bis 49-Jährigen Familienwanderer und der 25- bis 29-Jährigen Berufswanderer in Höhe von 11,5 beziehungsweise 5,1 pro tausend Einwohner in der jeweiligen Altersgruppe. Dagegen verlassen junge Bildungswanderer zwischen 18 und 24 Jahren weiterhin in großer Zahl den ländlichen Raum. Sie ziehen in Großstädte wie Leipzig, Münster oder Berlin, wo Universitäten und andere Ausbildungsmöglichkeiten locken.

Wachsendes Interesse am Landleben

Die Wanderungsstatistik umfasst sowohl Umzüge innerhalb Deutschlands als auch über die Grenzen der Bundesrepublik hinweg. Zuwanderung aus dem Ausland macht es möglich, dass Gemeinden jeder Größe Wanderungsgewinne erzielen. Ohne die Außenwanderung hätten die Großstädte schon in den Jahren vor 2020 insgesamt Wanderungsverluste verzeichnet. Von 2018 bis 2020 verloren sie jährlich im Schnitt 3,1 pro tausend Einwohner durch Umzüge in kleinere deutsche Gemeinden.

Bei Zuwanderern aus dem Ausland sind die urbanen Zentren dagegen weiterhin beliebt. Sie finden hier ein vielfältiges Jobangebot vor sowie häufig Anschluss an Angehörige oder Bekannte. Bei ihnen verzeichneten die Großstädte Wanderungsgewinne in Höhe von 5,5 je tausend Einwohnern, welche die Verluste bei der Binnenwanderung mehr als aufwogen.

Das wachsende Interesse am Landleben ist für die kleinen Gemeinden eine überaus gute Nachricht, bietet es doch eine gute Chance, viele demografische Herausforderungen ländlicher Regionen abzumildern. Junge Familien mit Kindern sorgen dafür, dass Schulen erhalten bleiben und als Fachkräfte sind sie bei ländlichen Mittelständlern sehr begehrt.

„Und natürlich verändert der Zuzug auch das bisherige Leben in den Gemeinden", so Manuel Slupina, Leiter des Themenbereichs Stadt & Land bei der Wüstenrot Stiftung, ,,in vielen Dörfern probieren die Menschen die digitalen Möglichkeiten aus und erschaffen neue Orte und Angebote wie etwa Coworkingoder Makerspaces, flexible und gemeinschaftliche Wohnprojekte oder neue Mobilitäts- oder Nahversorgungsangebote." mlu

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