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Ein Anfang mit der Handpresse

Vor 150 Jahren schufen sich die Katholiken ein Sprachrohr

Erstellt: Freitag, 12.07.2024
Ein Anfang mit der Handpresse

Mit Schnellpressen im Handbetrieb wurde die Fuldaer Zeitung bis 1912 hergestellt.

Der starke Wunsch der Fuldaer Katholiken, sich im Kulturkampf gegen die Zumutungen des Staates Preußen zu wehren, stand am Beginn der Fuldaer Zeitung. Ihre Gründung entstand unter großem Zeitdruck. Am 1. Januar 1874 erschien sie das erste Mal.

Die Fuldaer Zeitung sollte ein Gegenpol zum „Fuldaer Kreisblatt“ sein, das als Amtsorgan der Regierung die antikatholische Stimmung schürte. Die Druckerei und der Zeitungsverlag wurden kurz vor Weihnachten 1873 gegründet, um noch in die Endphase des Wahlkampfes für die Reichstagswahl am 10. Januar 1874 eingreifen zu können.

Am 21. Dezember traf die Druckmaschine ein, und das erste Papier wurde gekauft. Am 24. Dezember wurde eine Probenummer der Fuldaer Zeitung gedruckt. Am 1. Januar 1874 erschien die erste reguläre Ausgabe. Darin wurden die Leser aufgefordert, zu zeigen „dass es das ganze katholische Volk sei, welches hinter seinen Abgeordneten im Zentrum steht“.

Als Unterstützung für die katholische Zentrumspartei wurden reichsweit viele Blätter gegründet. Im Regierungsbezirk Kassel war die FZ die erste Zeitung, die dem Zentrum als Sprachrohr diente. Und sie war die einzige im Kulturkampf gegründete Zeitung, die nach der Kampfzeit weiter erschien. Die Fuldaer Zeitung hatte es geschafft, vom Kampfblatt der Katholiken zu einer Zeitung für das gesamte Bürgertum in der Stadtregion Fulda zu werden.

Die FZ hatte bereits am Anfang 1000 Abonnenten. Ein halbes Jahr später waren es, 1460. Ende 1874 war die FZ die meistgelesene Zeitung Fuldas. Sie ist es bis heute geblieben. Die Gründer und Aktionäre waren katholische Laien und junge Priester, aber kein einziger ausgebildeter Druckerei Fachmann war dabei. Das Drucken war mühsam, die drucktechnische Ausstattung in den ersten Jahren primitiv. Die еinzige vorhandene Schnellpresse lief mit Handantrieb. Die Fertigstellung der 1000 Exemplare dauerte Stunden. Der Satz wurde von Hand aus Einzelbuchstaben zu Zeilen und Seiten zusammengestellt. 

Der erste Redakteur Joseph Pauly, ein katholischer Geistlicher, kritisierte immer wieder die antikatholischen Maßnahmen der Regierung. Dafür musste sich Pauly immer wieder vor Gericht verantworten. Alle Prozesse gingen glimpflich aus - bis auf einen, als Reichskanzler Otto von Bismarck selbst einen Strafantrag wegen eines Leitartikels stellte. Der Redakteur Pauly wurde zum Jahreswechsel 1874/75 vom Strafsenat des Landgerichts in Kassel zu einem Monat Haft verurteilt. Dass Bismarck selbst gegen die FZ vorging, war eigentlich eine Ehre: Er nahm die Fuldaer Zeitung als Gegner ernst. 

Der Kulturkampf flaute Anfang der 1880er Jahre ab. Als Zeichen der Versöhnung gratulierte die FZ dem Reichskanzler Bismarck 1885 zu dessen 70. Geburtstag.

Erst 1905 wurde eine Linotype-Setzmaschine gekauft, die den Übergang vom Handzum Maschinensatz bedeutete. Im selben Jahr wurde die erste Rotationsmaschine mit einer Kapazität von vier Seiten gekauft. 1912 erwarb die Druckerei eine Rotationsmaschine, die 16 Seiten drucken konnte. Sie lief ab 1913 mit Strom. Die 1930 erworbene Rotation druckte 32 Seiten.

Die ersten Geschäftsräume wurden in der Kanalstraße 38 angemietet. Nachdem die Fuldaer Zeitung, die zuerst dreimal wöchentlich erschien, ab Januar 1881 werktäglich herauskam, zogen Druckerei und Verlag in das Haus am Buttermarkt 17. Als auch das zu klein wurde, zog die Zeitung 1890 in das Anwesen Harmonie am Peterstor. Hier blieb das Unternehmen bis zum Umzug in die Frankfurter Straße im Oktober 1998.

Die Hyperinflation 1923 brachte die Druckerei in eine Existenzkrise, weil sie es - wie schon im Ersten Weltkrieg - fast nicht schaffte, Papier einzukaufen. Die Krise brachte auch einen bemerkenswerten Auftrag: Die Druckerei stellte unter Bewachung städtisches Notgeld her.

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