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Heimatgefühl statt Großstadttrubel

Warum Jasmin Ottenbreit nach 15 Jahren bewusst in die Region zurückkehrte

Erstellt: Freitag, 27.12.2024
Heimatgefühl statt Großstadttrubel

Links: Jasmin Ottenbreit mit ihrem Mann Jan und ihren Kindern Mateo und Feline kurz vor dem Umzug von Hamburg nach Fulda. Rechts: Die studierte Kommunikationsexpertin und HR-Managerin an ihrem EDAG-Arbeitsplatz. Fotos: privat/EDAG

Nach vielen Jahren in Hamburg und Köln fand die junge Mutter Jasmin Ottenbreit mit ihrer Familie den Weg zurück in die Heimat. In der Nähe von Ulrichstein im Vogelsberg aufgewachsen, bereut die Teamleiterin HR Ausbildung der EDAG Group ihre Entscheidung keine Sekunde.

 Im Interview sprach die Personalmanagerin über Heimatgefühle, berufliche Herausforderungen und die Vorteile des heimatnahen Lebens.
Könnten Sie kurz Ihre Karriere nach der Schule beschreiben?
Direkt nach dem Abi ging es für mich nach Australien - da habe ich erst einmal Travel and Work gemacht. Ich wollte raus in die große weite Welt, was erleben. Ich bin dann zum Studium nach Hamburg gegangen und mit meinem Freund, den ich tatsächlich auch geheiratet habe, von Hamburg nach Köln gezogen. Da waren wir dann viele Jahre. Dann kam das erste Kind - dieses ist dann in Hamburg die ersten drei Jahre seines Lebens groß geworden. In der Großstadt zu sein, haben wir zelebriert. Wir sind viel ausgegangen. Wir haben immer noch unsere Freunde dort. Im Rückblick war das für diesen Lebensabschnitt eine großartige Zeit.

Was bedeutet Heimat für Sie und wie haben sich Ihre Ansichten darüber seit Ihrer Rückkehr verändert?
Jetzt wo wir zurück gezogen sind, haben sich meine Ansichten über Heimat verändert. Dinge, die man früher als selbstverständlich betrachtet hat, wie Sprache, Traditionen oder die Art, wie Menschen miteinander umgehen, bekommen oft eine neue Bedeutung. Es ist eine Mischung aus Altbekanntem und neuen Entdeckungen. Die Zeit ist hier nicht stehen geblieben. Gleichzeitig merkt man, wie man sich selbst verändert hat. Für mich ist Heimat mit ganz vielen Kindheitserinnerungen verbunden. Früher war Heimat für mich selbstverständlich. Ich konnte immer zu meinen Eltern zurückkehren. Heute geht der Begriff „Heimat“ für mich tiefer. Er ist ein Gefühl von Sicherheit und Identität. Es ist Zugehörigkeit. Heute fühlt es sich wie Ankommen an.

Was waren die Hauptgründe zur Rückkehr?
Unsere Familien sowie mein Bruder und dessen Familie leben in der Region. Unsere Kinder Mateo und Feline und deren Kinder sind ungefähr gleich alt. Jedes Mal, wenn wir nach Hause gefahren sind, war es schade zu gehen. Der Gedanke reifte, zurückzukehren. Wir haben uns gefragt, ob wir ein zweites Kind wollen. Ja, das wollten wir. Ein kleines Geschwisterchen. Dann kam Corona. Wir zogen mit unserem sechs Wochen alten Baby aus Hamburg zurück. Es war eine wilde Zeit, aber es hat sich absolut gelohnt. Wir wollten näher bei der Familie und den Großeltern sein. Die Flexibilität im Job meines Mannes spielte auch eine Rolle. Während Corona konnte er komplett ins Homeoffice. Danach kam mit dem normalen Berufsalltag wieder viel Reisetätigkeit, doch sein Arbeitgeber war entspannt. Ob er von Hamburg oder Frankfurt fliegt, ist egal. Das machte die Nähe zu Frankfurt sehr angenehm.

Gab es noch weitere Motive?
Wir wollten unseren Kindern ein ländlich geprägtes und dennoch stadtnahes Leben ermöglichen. Die Großeltern sollten nah sein. Es war uns wichtig, dass sie einen Alltag mit unseren Kindern haben. Nicht nur alle paar Monate. Wir wollten die Verbindung, die wir selbst hatten. Nach der Schule zu Oma, die gekocht hat. Das war unsere Kindheit. Dieses Erlebnis wollte ich auch für meine Kinder.

Wie ging es dann weiter?
Ich habe erst mal ein Jahr Elternzeit gemacht. Diese Zeit habe ich mit meinen zwei Kids genossen. Der Große ist hier in den Kindergarten gegangen. Nach der Elternzeit stellte sich die große Frage: Wie geht es für mich weiter? Die Edag war ein Begriff für mich. Viele Bekannte von meinen Eltern haben dort gearbeitet oder arbeiten dort noch. Es war naheliegend, dort nach einem Job zu schauen. Tatsächlich habe ich mich beworben und war drei Tage später eingestellt. 

Wo sehen Sie die Vorteile, heute in Fulda zu arbeiten?
Die Vorteile sind die Nähe zur Familie. Ich genieße es, regelmäßig die Großeltern zu sehen. Wir haben sogar zwei Uromas, die für die Kinder da sind.

Welche Herausforderungen mussten Sie bewältigen?
Die größte Herausforderung  war die Kinderbetreuung in den Kitas. Zu Beginn bin ich mit weniger Stunden eingestiegen. Wir hatten nur einen Betreuungsplatz bis mittags. Das bedeutete, dass ich in der Mittagspause ständig ins Auto springen musste. Kinder einsammeln, abliefern und dann ein paar Stunden im Homeoffice arbeiten. Meine Cousine babysittet regelmäßig und springt oft spontan ein. Diese Unterstützung ist unverzichtbar. Mein Mann ist oft im Ausland, was die Herausforderungen verstärkt. Ohne die Flexibilität, die mein heutiger Arbeitgeber bietet, wäre das alles unmöglich. 

Welche Entwicklungen der Region Fulda haben Sie während Ihrer Abwesenheit mitverfolgt, die Sie jetzt als besonders positiv oder inspirierend empfinden?
Ich bin positiv überrascht von der Gestaltung der Innenstadt. Fulda ist einfach eine wunderschöne kleine Stadt. Wir haben viele Freunde in Köln, Hamburg und Stuttgart. Sie besuchen uns oft und sagen immer wieder: „Wow, wie schön ist es hier!“ Das macht mich stolz. Auf jeden Fall bin ich stolz auf diese Stadt und die umliegende Natur. Die ist einfach atemberaubend. Es ist offensichtlich, dass sich hier viele Menschen Mühe geben. Besonders hervorheben möchte ich die Sommerkonzerte und die Musicals. Auch das Fuldaer Genussfestival ist ein echtes Highlight. Für eine Stadt dieser Größe ist das kulturelle Angebot beeindruckend. Fulda kann in dieser Hinsicht mit jeder Großstadt mithalten. Die Gastronomie in Fulda hat sich ebenfalls hervorragend entwickelt. Die Vielfalt und Qualität sind stets ein Genuss. Das ist wirklich etwas, was ich sehr schätze. 

Was sind Ihre Ziele für die Zukunft?
Ich wünsche mir, mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Die Hobbys und Freunde sollen nicht zu kurz kommen. Es ist mir wichtig, dass meine Kinder eine glückliche Kindheit erleben. Ich will, dass sie neugierig und wissbegierig aufwachsen. Dieses Heimatgefühl soll sie stets begleiten, egal wohin ihr Weg führt. Beruflich habe ich meinen Platz gefunden. Ich genieße meinen spannenden Job sehr. Mein Team inspiriert mich jeden Tag aufs Neue. Ich möchte weiterhin relevante Themen voranbringen. Die inhaltliche Weiterentwicklung liegt mir am Herzen. Das ist mein Ziel für die Zukunft. 

Fühlen Sie sich angekommen und angenommen?
Bei der EDAG arbeite ich in einem dynamischen Umfeld. Es ist ein technologiebasiertes Unternehmen, das nach vorne will. Diese Dynamik zählt für mich sehr. Das Unternehmen bleibt dennoch nahbar, trotz seiner Größe. Wir duzen uns hier, vom Praktikanten bis zur Geschäftsführung. Dieses persönliche Niveau schafft einen tiefen Bezug zur Heimat. Man kennt die Mentalität, in der man aufgewachsen ist. Auch wenn ich viele Jahre weg war, spüre ich diese Verbindung. In großen Städten wie Hamburg oder Köln sind die Menschen international. Man muss sich mit verschiedenen Mentalitäten verbinden. Hier in Fulda ist es einfacher. Die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen sind etwas Besonderes. 

Wie sehen Sie die Rolle der Heimat in der Arbeitswelt, insbesondere für junge Talente, die darüber nachdenken, zu ihren Wurzeln zurückzukehren?
Die Stärkung des Wirtschaftsraums Fulda ist entscheidend. Das Thema beschäftigt mich täglich. Wir müssen uns intensiv mit den Fragen der jungen Talente befassen. Ein attraktives Arbeitsumfeld ist unerlässlich. Die Digitalisierung hat die Rolle der Heimat verändert. Junge Talente streben nach beruflicher Weiterentwicklung. Gleichzeitig wünschen sie soziale Verwurzelung und persönliches Wohlbefinden. Das ist kein Widerspruch, sondern eine berechtigte Erwartung. Sie wollen alles erreichen, und das ist in Ordnung. Heimat kann genau diese Balance bieten.

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Experten zufolge ermöglicht hybrides Arbeiten auch in ländlichen Regionen die Tätigkeit für große Unternehmen. Wie sind diesbezüglich Ihre Erfahrungen?
Ich bin überzeugt, dass Flexibilität sich auszahlt. Arbeitgeber profitieren enorm in unserer Region. Mein Arbeitgeber bietet maximale Flexibilität. Gerade für Familien mit kleinen Kindern ist das wie ein Sechser im Lotto. Die Möglichkeit, von zu Hause aus arbeiten zu können, ist ein großer Vorteil. Bei meinem Arbeitgeber zählt am Ende nur das Ergebnis. Und das kann ich auch am Küchentisch erreichen.


Von Mirko Luis

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