Die Vögel singen ihr Abendlied, während Harald Auth und Christoph Poch vom Vorstand des NABU Flieden. ein Stein vom Herzen fällt: „Noch nie“, sagen sie „sind unserer Einladung so viele Menschen gefolgt.“ Vorstandssprecher Auth schüttelt schmunzelnd den Kopf angesichts der ungenauen Wetterprognose und freut sich auf die bevorstehende Kräuterwanderung. Diese verspricht nicht nur faszinierende Erkenntnisse über die Wirkung von Kräutern auf das menschliche Wohlbefinden, sondern auch ein einzigartiges Ereignis: ein abendliches Konzert der Garten- und Waldvögel, begleitet von Auths Enthüllung der gefiederten Künstler hinter den Melodien.
Für die 255 Mitglieder starke Ortsgruppe stellt diese Kombination eine Premiere dar - eine Erfahrung, die das Interesse der Naturfreunde geweckt hat. „Die Nachfrage überstieg die verfügbaren Plätze“, verrät der stellvertretende Vorstandssprecher vom NABU Flieden, Christoph Poch.
Der Abend nimmt seinen Anfang in dem malerischen Garten der Kräuterexpertin Christina Lorenz, der auf einem 700 Quadratmeter großen Grundstück liegt. Die langen Schatten, die von Bäumen und Hecken über die duftenden Kräuterbeete tanzen, untermalen die Atmosphäre. Auth ergreift zum ersten Mal das Fernglas und entdeckt auf dem Dachfirst eines Hauses eine Vogelart, die auf der Vorwarnliste gefährdeter Arten steht - den Gartenrotschwanz. „Und wo der sich aufhält“, sagt mit Margarete Seifert, „ist die Natur noch intakt.“ Auch Bienen schätzen die wundervoll duftenden Pflanzen. Wenn man sie blühen lässt, dienen viele von ihnen als willkommene Nahrungsquelle und werden zu wahren Bienenmagneten. Dem NABU zufolge trägt das zum Erhalt der Artenvielfalt bei.
Christina Lorenz, eine begeisterte Hobbygärtnerin seit 30 Jahren, entschied sich vor einiger Zeit für eine vertiefte Ausbildung zur „Phytotherapie“ an der Fernschule der Studiengemeinschaft Darmstadt (SGD). Nach zwei Jahren intensiven Lernens schloss sie die Ausbildung ab. Ihre Leidenschaft für Kräuter und Pflanzen teilt sie gerne mit anderen. Das spiegelt sich auch in ihren Kräuterwanderungen für die Volkshochschule wider, die auch den Vorstandssprecher Harald Auth erreichten.
In ihrem zauberhaften Garten macht Hobbygärtnerin Christina Lorenz mit Leidenschaft und Kenntnis Halt an jedem interessanten Kraut, erläutert seine botanischen Eigenheiten und teilt faszinierende Anekdoten über seine traditionelle Verwendung in Medizin und Küche. Die Teilnehmer sind von den vielfältigen Formen, Farben und Düften der Pflanzen sowie ihren heilenden Eigenschaften begeistert. Besonders das „Cola-Kraut“ sticht hervor mit seinem betörenden Duft und verdauungsfördernden Qualitäten.
Das Mutterkraut fesselt die Aufmerksamkeit junger Frauen: Historisch wurde es nach der Geburt als traditionelles Heilmittel eingesetzt. Aktuelle Studien deuten auf seine Wirksamkeit bei Migräne hin. Lorenz warnt Schwangere vor übermäßigem Konsum von Petersilie aufgrund ihrer abtreibenden Eigenschaften, die bereits im Mittelalter genutzt wurden. Stattdessen empfiehlt sie bedenkenlosen Genuss von Schnittlauch als reichhaltige Vitamin-C-Quelle für werdende Mütter.
Im Grünen, umgeben von vielfältigen Aromen und heilenden Kräften, gibt Kräuterexpertin Christina Lorenz passionierten Sammlern einen Rat: Trockenheit und Sauberkeit sind beim Ernten von Kräutern entscheidend. Lorenz warnt davor, Kräuter vor dem Trocknen zu waschen, da dies den Geschmack beeinträchtigen kann. Ein kulinarischer Geheimtipp ist der delikate Brennnesselsamen mit seinem zarten nussigen Geschmack, ideal zur Verfeinerung von Speisen wie Salaten, Joghurts, Müslis oder Bowls.
Bei Fortsetzung der Kräuterexkursion im Wald („In der Langenau“) weist Lorenz auf die Gefahren von Schierlingspflanzen hin, die bereits durch Hautkontakt vergiften können. Sie erzählt, wie im alten Athen Sokrates durch Schierling hingerichtet wurde und dass Frauen das Gift nutzten, um unliebsame Männer zu töten. Während der Wanderung ziehen heimische Vogelarten wie der Zilpzalp, die Mönchsgrasmücke und das Goldhähnchen die Aufmerksamkeit auf sich.
Lorenz führt die Gruppe in die Herstellung von Fichtenschnaps ein und erklärt die heilende Wirkung von Spitzwegerichblättern bei Hautverbrennungen. Die Exkursion endet in Lorenz' Garten. Dort erfahren die Teilnehmer von einem Herzensprojekt der Kräuterexpertin, die ein Waisenhaus in der Republik Kongo unterstützt, in dem Kinder mit Albinismus leben und Opfer grausamer Praktiken werden. Die Gruppe zeigt Solidarität und unterstützt das Waisenhaus mit einer Spende auch als Dank für die Kräuterwanderung.