Dem Kommunalpolitiker zufolge entstanden in Ortsrand-Lagen bisher zumeist klassische Neubaugebiete mit Grundstücksgrößen zwischen 600 und 800 Quadratmetern. "In einem Baugebiet mit rund 7.500 Quadratmetern und zwölf Bauplätzen siedelten sich im Schnitt 36 Personen - also je Wohnhaus eine dreiköpfige Familie - an", rechnet Helfrich vor. Und tut dabei mit Freude kund, dass in den 17 größtenteils barrierefreien Mietwohnungen, die jetzt am Fuße des Kalvarienbergs entstanden sind, ebenso viele Mieter leben. Für ihn ist vor diesem Hintergrund glasklar, dass beide Varianten des Wohn- und Siedlungsbaues ihre absolute Berechtigung haben.
Fitnessstudio & Physiotherapie
Unterdessen profitiert Poppenhausen von dem neuen Wohn- und Geschäftshaus, das im Zuge des Projekts „Steinwiesen" entstand, noch aus anderen erfreulichen Gründen. Entstand doch hier wichtige Infrastruktur in puncto Gesundheit. So zogen Mitte Januar dieses Jahres auf einen Teil der insgesamt 850 Quadratmeter Nutzfläche im Erdgeschoss bereits die Physiotherapie Kimpel und das Premium-Fitnessstudio "Studio24" ein.
Aber es wird darüber hinaus auch gezielt dem „Ärztemangel auf dem Land“ gegengesteuert. Voraussichtlich im März - ein genauer Tag steht noch nicht fest - soll das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) eröffnen. Baulich gesehen ist die Praxis des "Landarzt-MVZ Rhön" schon fertiggestellt und verfügt über ein großzügiges Raumkonzept. Nach Angaben von Bürgermeister Helfrich gehören hierzu unter anderem sechs Sprechzimmer, ein modernes Labor, sanitäre Funktionsräume, Rezeption und Wartebereich. Für Patienten und Personal entstanden zudem weitere Parkplätze vor und neben dem schicken neuen Gebäudekomplex.
Vier Ärzte im neuen MVZ
In der Praxis für Allgemeinmedizin werden nach Informationen unserer Zeitung ein Arzt und drei Ärztinnen arbeiten. Je nach Entwicklung, so die Aussage des Bürgermeisters, könnten weitere Fachärzte (zum Beispiel Kinder- und/oder Frauen-Heilkunde) hinzukommen. „Dass die ärztliche Versorgung in unserer Gemeinde mit dem Konzept eines MVZ gesichert werden konnte, darauf bin ich persönlich stolz, weil ich dafür viel Engagement einbringen konnte", so der Bürgermeister. Er nennt die millionenschwere Investition einen „Meilenstein". Mit der Familie Breitung habe man "einen leistungsfähigen, verlässlichen, rechtschaffenen und seriösen Partner" für dieses Projekt gewinnen können. "Die Investition des Bauträgers ist ein Bekenntnis zum Standort Poppenhausen an der Wasserkuppe", lobt Helfrich.
Der heimatverbundene und bodenständige Investor, der ortsansässige Bauunternehmer Jürgen Breitung (54), hatte im April 2020 ein 5.000 Quadratmeter großes Grundstück erworben, um darauf im ersten Bauabschnitt ein Wohn-Praxisgebäude und später ein weiteres Wohngebäude zu errichten. Die Geschäftstätigkeiten werden über eigenständige Immobilien-Gesellschaften(Steinwiesen I & Steinwiesen II GmbH) abgewickelt. Der Bauherr hatte kurz vor dem Jahrtausendwechsel die Bauunternehmung Breitung gegründet - aus dem anfänglichen Zwei-Mann-Unternehmen entwickelte sich ein mittelständisches Unternehmen mit heute 40 Beschäftigten, das sich im Umkreis von 100 Kilometern einen guten Namen gemacht hat - auch im Wohnungsbau, etwa beim Projekt "Petersberg, Am See".
Dass der Apfel meist nicht weit vom Stamm fällt, beweist Roman Breitung, der in die Fußstapfen seiner Vaters tretende Sohn des Unternehmers, der es unter anderem schon bis ins deutsche Nationalteam Maurer schaffte. Feuer und Flamme fürs Baugeschäft ist auch Titian Breitung. Der 27-jährige Neffe des Firmenchefs begann nach einer Ausbildung zum Technischen Produktdesigner bei der Edag ein Bauingenieurstudium. Er schreibt gerade seine Masterarbeit, ist bei uns als Werkstudent beschäftigt und meisterte seine Premiere als Bauleiter im Innenausbau mit Bravour", zieht Jürgen Breitung den Hut vor dessen Einsatz. Bis auf kleinere Restarbeiten im Außenterrain (Pflasterarbeiten, Grünansaat) ist der erste Bauabschnitt Geschichte.
Der von Architekt Edgar Heller aus Gersfeld, Statiker Alwin Rützel aus Neuhof, Wärmeschutz-Experte Volker Feldmann aus Fulda sowie Elektroplanung Markus Will und Haustechnik Siegbert Simon in enger Abstimmung konzipierte Gebäudekomplex (KfW 55-Standard) versprüht urbanes Flair inmitten ländlicher Entspannung. Er besteht aus vier Ebenen und zwei baugleichen Gebäuden (A + B) und verfügt im Untergeschoss neben einer Tiefgarage mit 27 Stellplätzen unter anderem über den Wohnungen zugeordnete Abstellräume, Fahrradabstellflächen, Technik-Räume und Hauswirtschaftsräume. Die Wärmeversorgung ist von fossilen Energieträgern wie Heizöl und Erdgas unabhängig und erfolgt über den Anschluss per Fernwärmeleitung an die zentrale Holzhackgutheizungsanlage.
Vom Ruhrpott in die alte Heimat
Es gibt zwei Aufzüge, und im Innern der zwischen 35 und 144 Quadratmeter großen Wohnungen herrscht helle, klare Wohnlichkeit und gehobener Komfort - von der modernen Küche inklusive elektrischer Ausstattung über ebenerdige Duschen bis hin zur LED-Ambientebeleuchtung in Bad und Küche. Nahezu alle Wohneinheiten verfügen über einen Balkon oder eine Dachterrasse. 15 der 17 Wohnungen waren ohne Zutun von Maklern schon vor der Fertigstellung vermietet worden. Das Klientel der Mieter ist bunt gemixt und reicht vom Single-Haushalt Mitte 20 über junge Familien mit Kindern bis hin zu Mietern, die beispielsweise ganz bewusst aus dem Ruhrpott in ihre vorherige Rhöner Heimat zurückgekehrt sind.
Lediglich die 144-Quadratmeter-Dachwohnung war, Stand Donnerstag dieser Woche, noch nicht vermietet. Die Mietpreise seien mit denen in der Großstadt nicht vergleichbar, sondern entsprächen dem, was in einer ländlichen Region leistbar wäre, betont der Eigentümer der Immobilie. Über die genaue Miethöhe und vertragliche Details mit den gewerblichen Mietern hielt er sich jedoch bedeckt.
Von Mirko Luis
SO GEHT'S WEITER?
Die Vorplanungen für den zweiten Bauabschnitt laufen. „Wir wollen im Sommer mit den Feinplanungen beginnen, sodass wir gegen Jahresende den Bauantrag stellen können", so Jürgen Breitung. Auf dem benachbarten Grundstück der Steinwiesen Il GmbH sollen 15 Wohneinheiten entstehen. mlu
ÜBER DIE BAUSTELLE
Insgesamt 18 Firmen waren beim Bau des für ländliche Verhältnisse imposanten Wohn- und Geschäftshauses beteiligt. Nach dem obligatorischen Spatenstich im März 2021 wuselten zeitweise 30 Bauarbeiter und Handwerker aus sieben Firmen zeitgleich auf der Großbaustelle umher. "Viele kannten sich schon, weshalb es ein harmonisches Miteinander gab", lobt das Duo Jürgen Breitung und Titian Breitung bei einer Begehung vor Ort. "Sehr gut unterstützt wurden wir außerdem von der Gemeinde, insbesondere dem Bürgermeister", fügen sie an.
Bis auf Corona-bedingte Sorgen um Lieferengpässe oder Kostenexplosionen, die ab und an dann doch für die ein oder andere schlaflose Nacht gesorgt und Nerven gekostet hätten, hätten sämtliche Baupläne wunschgemäß umgesetzt werden können. Lediglich bei Stahllieferungen sei es zwischendurch zu kleineren Lieferproblemen gekommen. Im Dezember 2022 war dann die offizielle Bauabnahme durch das Fuldaer Bauamt erfolgt. mlu