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Azubis als knappes Gut - Berufsmarktbeobachtungen in der Region Fulda

Arbeitsagentur-Chef Waldemar Dombrowski über Ausbildungsmarkt-Trends in Hessen. Viele Ausbildungsstellen sind unbesetzt

Erstellt: Dienstag, 16.05.2023
Azubis als knappes Gut - Berufsmarktbeobachtungen in der Region Fulda

Volle Hallen zur Bildungsmesse 2022 - zur Neuauflage des Events am 6. und 7. Oktober 2023 wird mit ähnlichem Andrang auf den Ständen der Aussteller gerechnet. Foto: Mirko Luis

Nach Angaben der Agentur für Arbeit Bad Hersfeld-Fulda ist die Zahl der gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber für eine betriebliche Lehre in der Region Fulda im Vergleich zum vergangenen Jahr um knapp fünf Prozent gestiegen.

"Mit dem Ende der Pandemie möchten wieder mehr junge Menschen eine Ausbildung im Betrieb machen. Auch die Gewinnung von Bewerberinnen und Bewerbern gestaltet sich wieder leichter", sagte Waldemar Dombrowski, Chef der Agentur für Arbeit Bad Hersfeld-Fulda, unserer Zeitung. Insgesamt hätten sich seit Oktober 1013 Interessierte bei der Berufsberatung der Arbeitsagentur gemeldet. Aktuell würden noch 508 junge Menschen einen Ausbildungsplatz suchen. Über weitere Details des Ausbildungsmarktes gab uns Dombrowski in nachfolgendem Interview Auskunft.

Laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung waren in den letzten beiden Jahren über ein Drittel der angebotenen Ausbildungsplätze Ladenhüter. Hat die Attraktivität der Lehre abgenommen?

Bei den jungen Menschen in der Region besteht weiterhin eine hohe Neigung zum Besuch einer weiterführenden Schule, die Tendenz ist steigend. Daraus folgt auch eine hohe Studienneigung. Dies spiegelt sich in den Zahlen zu den gemeldeten Bewerberinnen und Bewerbern für Ausbildungsstellen - seit Jahren melden sich bei uns weniger Bewerber als Ausbildungsstellen vorhanden sind. 

Welche Berufe beziehungsweise Berufsgruppen haben denn einen besonders schweren Stand bei jungen Leuten?

Vor allem Berufe in den Bereichen Ernährung und Gastronomie haben einen schweren Stand. Hier gibt es die wenigsten Bewerberinnen und Bewerber. Wobei der Mangel an Nachwuchskräften in den Betrieben insgesamt gestiegen ist.

Wie hoch ist zum einen der Bedarf der hiesigen Betriebe an neuen Auszubildenden und wie hoch zum anderen die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen in der Region?

Die Ausbildungsbereitschaft ist weiterhin hoch. Den meisten Unternehmen und Betrieben ist die enorme Relevanz der beruflichen Ausbildung für eine nachhaltige Personalsicherung bewusst. Insgesamt wurden dem Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit seit Oktober 2151 Ausbildungsstellen gemeldet.

Wie viele freie Ausbildungsplätze gibt es aktuell in Osthessen?

Im Landkreis Fulda sind noch mehr als 1200 Ausbildungsstellen unbesetzt. Aktuell laufen die Bewerbungsverfahren auf Hochtouren. Ich gehe deshalb davon aus, dass in den nächsten Wochen zahlreiche Ausbildungsverträge abgeschlossen werden.

Mehr als 2,5 Millionen der 20- bis 34-Jährigen in Deutschland hatten im Jahr 2021 keinen Berufsabschluss - das war ein Rekord. Dennoch, so hört man, boomt derzeit der Arbeitsmarkt für Ungelernte. Wie sehen die aktuellen Zahlen bei uns aus?

Im Landkreis Fulda werden überwiegend qualifizierte Fachkräfte gesucht. Gleichzeitig haben über 60 Prozent der arbeitslos gemeldeten Personen keine abgeschlossene Berufsausbildung (beide Rechtskreise). Dies zeigt, dass die besten Arbeitsmarktchancen für Fachkräfte bestehen. Zudem birgt ein fehlender Berufsabschluss das Risiko, langzeitarbeitslos zu werden.

Sehen Sie in Ungelernten, die sich vielleicht doch noch für eine betriebliche Lehre entscheiden, Potenziale für die heimische Wirtschaft? Inwiefern verbessern sich durch eine abgeschlossene Ausbildung die Chancen auf dem Arbeitsmarkt?

Waldemar Dombrowski
Waldemar Dombrowski

Eine abgeschlossene Ausbildung verbessert die Chancen auf eine langfristige, existenzsichernde Beschäftigung. In der Regel ist damit auch ein höheres Entgelt und somit eine bessere soziale Absicherung verbunden. Der Bedarf an Fachkräften ist hoch und wird weiter steigen. Deshalb fördert die Arbeitsagentur Umschulungen und Teilqualifizierungen.

Die Planungen für die Bildungsmesse 2023 (6./7. Oktober 2023) sind gestartet - mit welchen Erwartungen blickt denn die Agentur für Arbeit auf dieses Event und wo werden die Schwerpunkte am Messestand liegen?

Die Bildungsmesse hat einen hohen Stellenwert. In Osthessen werden Auszubildende immer mehr zur einem knappen Gut. Ein Schwerpunkt ist deshalb die Begeisterung von möglichst vielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch Ungelernten - für eine Ausbildung. Auf der Bildungsmesse erhalten sie die Informationen aus erster Hand. Gemeinsam mit unseren Partnern möchten wir die vielfältigen Ausbildungschancen in der Region transparent machen und somit für eine Ausbildung motivieren.

von MIRKO LUIS


58 Prozent mehr Geld

Praktikantengehälter deutlich gestiegen

Praktikanten verdienen heute deutlich mehr als noch vor zehn Jahren.

Das Gehalt für freiwillige Praktika ist von durchschnittlich 737 Euro (2013) auf 1164 Euro (2023) gestiegen. Das entspricht einer Steigerung von 58 Prozent. Das geht aus dem "Future Talents Report" 2023 hervor, einer Befragung von 1947 Praktikanten. Für die meisten Befragten war weniger das Geld, sondern der Ruf des Unternehmens ausschlaggebend, einen Platz anzunehmen (55 Prozent).

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