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Quereinsteiger: Chancen nie besser! Interview mit dem Chef der Arbeitsagentur Bad Hersfeld-Fulda

Arbeitgeber wegen Personalmangels bei Einstellungen kompromissbereiter

Erstellt: Samstag, 08.07.2023
Quereinsteiger: Chancen nie besser! Interview mit dem Chef der Arbeitsagentur Bad Hersfeld-Fulda

In der Gastronomie ist nach wie vor ganzjährig Personalbedarf gegeben. Foto: Adobe Stock/ TRAVELARIUM

„Die Chancen, in unserer Region einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu finden, sind ganzjährig gut“, erklärte jetzt Waldemar Dombrowski, Chef der Arbeitsagentur Bad Hersfeld-Fulda.

Dem Arbeitsmarkt-Experten zufolge suchen die Arbeitgeber in nahezu allen Branchen und Berufen händeringend Fach- und Hilfskräfte. Aktuell - kurz vor den Sommerferien - sind noch zahlreiche Ausbildungsstellen frei“, so Dombrowski. Weiteren Einzelheiten beantwortete er uns in nachfolgendem Interview.

Wie begehrt sind derzeit Saisonarbeitskräfte - zum Beispiel in der Gastronomie oder in der Landwirtschaft?

Saisonkräfte spielen in Osthessen nur eine untergeordnete Rolle. Personalbedarf in der Gastronomie ist das ganze Jahr über gegeben.

In welchen Branchen gibt es zurzeit die besten Chancen auf einen neuen Job, wo suchen Personalchefs besonders intensiv nach Fachkräften?

Uns liegen beispielsweise zahlreiche Arbeitsstellen im kaufmännischen Bereich - in Büro und Verwaltung vor. Auch im Einzelhandel sowie im Hotelgewerbe sind die Chancen auf eine Einstellung überdurchschnittlich hoch. Bedarf an qualifiziertem Personal besteht darüber hinaus im Speditionswesen, in Ingenieurbüros, in verschiedenen Handwerksberufen sowie in der Pflege.

Sind Arbeitgeber in Osthessen eigentlich mittlerweile angesichts von sich auftuenden oder drohenden Personallücken noch offener für Quereinsteiger geworden?

Der in der Praxis vorhandene Personalmangel führt dazu, dass viele Arbeitgeber bei der Einstellung offener und kompromissbereiter als früher sind. Wo es möglich ist, werden auch Personen berücksichtigt, deren originärer Beruf ein anderer ist. Dies ist praktikabel, wenn beispielsweise ein Hobby zum Beruf gemacht wird oder bereits ausbaubare Vorkenntnisse vorhanden sind.

Wenn eine arbeitslose Person eingestellt wird, bei welcher der Einarbeitungsaufwand deutlich höher als üblich ist, können wir diese Phase unter bestimmten Voraussetzungen mit dem sogenannten Eingliederungszuschuss finanziell unterstützen.

Wie stehen die Chancen für Schulabgänger, kurz vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden und einen unterschriebenen Ausbildungsvertrag in den Händen zu halten? 

Waldemar Dombrowski Foto: Agentur für Arbeit
Waldemar Dombrowski Foto: Agentur für Arbeit

Uns liegen derzeit in der Region Fulda rund 900 freie Ausbildungsstellen und Duale Studienplätze zur Besetzung vor. Da ist noch einiges in Bewegung. Nicht zuletzt unsere Last-Minute-Ausbildungsbörse in der vergangenen Woche dürfte zur Besetzung einiger Stellen beigetragen haben. Da die Kammern Ausbildungsverträge bis in den Herbst hinein eintragen, ist es nicht zu spät, sich um einen Ausbildungsplatz zu bemühen. Wer bisher nicht bei der Berufsberatung war, der sollte sich schnellstens anmelden, um seine Chance zu nutzen.

Und wie sieht es, nachdem Corona Geschichte ist, mit Ferienjobs für Jugendliche aus, die zum Beispiel für den Führerschein sparen?

Die Agentur für Arbeit vermittelt keine Ferienjobs. Die Arbeitsvermittlung konzentriert sich auf die Vermittlung von Arbeitskräften in sozialversicherungspflichtige Arbeitsbeziehungsweise Ausbildungsverhältnisse. Schülerinnen und Schüler, die einen Ferienjob suchen, können in der Jobbörse unter www.arbeitsagentur.de bei den geringfügigen Beschäftigungen fündig werden. Hier gibt es immer wieder Möglichkeiten, zumal das Stammpersonal knapp ist. Optimal ist es, einen Ferienjob in dem Bereich zu suchen, in dem man sich eine spätere berufliche Tätigkeit vorstellen kann. Die Erfahrungen dürften bei einer späteren Stellensuche nützlich sein.

Von Mirko Luis
mirko.luis@marktkorb.de


Zusätzlich qualifizieren lohnenswert

Je mehr Kenntnisse und Fähigkeiten man sich aneignet, desto besser sind die Jobaussichten. Eine Möglichkeit dazu schon während der Ausbildung: sogenannte Zusatzqualifikationen absolvieren. Ein Beispiel für eine berufsübergreifende Zusatzqualifikation ist der Computerführerschein „International Certification of Digital Literacy“ (ICDL), der arbeitsplatzbezogene IT-Kompetenzen als international anerkannten Standard zertifiziert. Aber auch Zusatzqualifikationen in Fremdsprachen können dazugehören. Es gibt zahlreiche Bildungszentren oder Bildungsanbieter, die Zusatzqualifikationen während der Ausbildung vermitteln.            mag


Praktikanten verdienen deutlich mehr

Praktikanten verdienen heute deutlich mehr als noch vor zehn Jahren. Das Gehalt für freiwillige Praktika ist von durchschnittlich 737 Euro (2013) auf 1164 Euro (2023) gestiegen. Das entspricht einer Steigerung von 58 Prozent. Das geht aus dem „Future Talents Report“ 2023 hervor, einer Befragung von 1947 Praktikanten der Unternehmensberatung Clevis. Für die Praktikanten ist das Gehalt allerdings nicht der ausschlaggebende Faktor. Nur für 17 Prozent der Praktikanten ist das Geld übrigens entscheidend. Für die meisten Befragten war indes der Ruf des Unternehmens ausschlaggebend, einen Platz anzunehmen (55 Prozent). Auf Platz zwei und drei folgten die Kriterien „individuelle Entwicklungsmöglichkeiten“ (48 Prozent) und „Wert des jeweiligen Arbeitsverhältnisses für den Lebenslauf“ (39 Prozent).             mag


Wie tickt die Generation Z?

„Arbeitsplatz- und Gehaltssicherheit sind bei den jungen Bewerbern wieder ganz oben auf die Prioritätenliste gerückt“, sagt Svenja Rausch von der Praktikums- und Stellenbörse Jobteaser. Der jungen Generation gehe es aber nicht nur um einen sicheren Arbeitsplatz mit einem sicheren Einkommen, sagt Rausch. „Lohngerechtigkeit und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie spielen für die Generation Z ebenso eine wichtige Rolle.“ Gerade hier könnten Behörden gegenüber der freien Wirtschaft bei der jungen Generation punkten.               mag


„Enge Betreuung“

Wann die private Arbeitsvermittlung lohnt

Arbeitskräfte dringend gesucht, bitte melden: In vielen Branchen können Unternehmen ihre Stellen nicht nachbesetzen. Und doch kann es gute Gründe geben, bei der Suche nach einem Job einen privaten Arbeitsvermittler einzuschalten.

Zwar unterstützen auch die Arbeitsagenturen oder die Jobcenter Arbeitssuchende dabei, einen neuen Arbeitgeber zu finden. Andreas Kübler, Vorstandsvorsitzender im Verband Privater Arbeitsvermittler (VPA), wirbt jedoch mit einer engen Betreuung. Private Vermittler könnten sich gerade in Fällen, in denen sich die Jobsuche als schwierig erweist, „sehr viel intensiver um einen Bewerber kümmern und ihm oder ihr mit Rat und Tat zur Seite stehen“.

Ein privater Arbeitsvermittler kann zum Beispiel im Vorfeld des Vorstellungsgesprächs mit dem Arbeitgeber reden. Und ihn darüber informieren, dass er nach eingehender Prüfung von Qualifikation und Arbeitsmotivation eines Bewerbers oder einer Bewerberin davon überzeugt ist, dass er oder sie genau die passende Besetzung ist.

Erwerbslose bekommen über die Bundesagentur für Arbeit oder über die Jobcenter übrigens einen sogenannten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein. Mit dem Gutschein ist es möglich, eine private Arbeitsvermittlung kostenfrei in Anspruch zu nehmen. Der Wert des Gutscheins liegt meist bei 2500 Euro.               mag


Arbeiten ohne Ausbildung

Kontakte und Initiativbewerbungen helfen

Kein Schulabschluss, keine Berufsausbildung: Trotzdem gibt es für Ungelernte Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Sie arbeiten etwa im Lager, am Fließband, im Reinigungsbereich, als Helfer in der Küche oder im Büro.

Im Handwerk gibt es in bestimmten Bereichen ebenfalls Jobs für Ungelernte. Typisch bei Tätigkeiten, für die keine besonderen Qualifikationen erforderlich sind: Solche Stellen werden überwiegend von Leiharbeitsfirmen ausgeschrieben. „Dies beschleunigt die Jobsuche, heißt aber auch, ein Dritter verdient mit“, sagt Olaf Craney vom Deutschen Verband für Bildungs- und Berufsberatung. Man kommt zu solchen Jobs aber auch über Beziehungen, Kontakte oder Initiativbewerbungen.

Die erste Kontaktaufnahme erfolgt in aller Regel eher formlos. „Man geht zu einem potenziellen Arbeitgeber und spricht vor“, erklärt Craney. Ansprechpartner sind in der Gastronomie etwa die Restaurantbesitzerin oder im Baubereich beispielsweise der Maurermeister.            mag

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